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MAYHEM, GAAHLS WYRD, GOST: Hall of Fame, CH-Wetzikon, 20.11.2019

Die norwegische Black Metal-Legende MAYHEM war schon mehrmals der hoch geschätzte Headliner am INFERNO METAL FESTIVAL in Norwegens Hauptstadt Oslo. In der grössten Stadt der Schweiz können sie indes nicht auftreten – wegen befürchteter Proteste und Störaktionen. Dass dies ausgerechnet MAYHEM betrifft – eine Band, die am eigenen Leib erfahren hat, wie es ist, Opfer von physischer Gewalt zu werden – ist ein Armutszeugnis für Zürich. Also sind sie an diesem Abend nicht in Winterthur zu Gast wie noch vor einigen Jahren (als sie zusammen mit UNLIGHT und MERRIMACK auftraten), sondern im beschaulich-ländlichen Wetzikon in der Hall of Fame. 

MEH SUFF als tadelloser Organisator

Immerhin retten die zahlreich erschienenen Black Metal-Fans die lokale Ehre an diesem Abend: Ungefähr 450 nehmen den Weg – vorbei am Sauriermuseum Aathal und auf dem Weg zur ehemaligen Schweizer Formel 1-Stätte Saurer in Hinwil – unter die Räder. Die MEH SUFF-Organisatoren danken es mit einer tadellosen Organisation. Draussen geleiten nette Verkehrshelfer zu den richtigen Parkplätzen, denn diejenigen der Erotik-Villa sind für Konzertbesucher ohne abgemachtes Tête-à-Tête bei den Liebesdienerinnen tabu. In der Hall of Fame locken ein variantenreiches Bar-Angebot und ein grosszügiges Fumoir. Die Securities sind wie immer zuvorkommend und entspannt, was bei anderen Organisatoren nicht immer gegeben ist. 

GAAHLS WYRD und MAYHEM mit Winter-Merch

Das Merch-Angebot ist üppig: GAAHLS WYRD haben rare Vinylversionen im Angebot und dezente T-Shirts mit mystisch-angehauchtem Artwork. Dazu gibt`s Wintermützen – angesichts des nahenden Winters durchaus schlau gedacht. MAYHEM haben unter anderem ein von Hellhammer signiertes Drumfell im Angebot und einkleiden kann man sich auch bei ihnen zu anständigen Preisen. GOST bieten ihr T-Shirt mit und ohne Logo an – auch eine interessante Idee. Preismässig bewegen sich alle Bands im anständigen Rahmen. Die gruselige Neuentwicklung, für ein sogenanntes „Premium Hoodie“, das noch dazu hässlich ist, 100 Euro abzuzocken, ist bei den Norwegern zum Glück (noch) nicht angekommen. 

GOST

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GOST

Den musikalischen Anfang bestreiten an diesem Abend GOST aus den USA. Grelles weisses Licht, zwei schemenhaft zu erkennende Musiker, ein Effektboard so gross wie ein Maschinenbau-Werkzeugkasten. Synths, unerbittliche Beats, kalt-karge elektronische Klangflächen. Hier und da fühlt man sich an die Atmosphäre erinnert, die LIMBONIC ART zu kredenzen vermochten. GOST agieren minimalistisch und verzichten bewusst auf menschliche Anknüpfungspunkte. Das Publikum schaut zu, einige geniessen die Soundwand. Die meisten scheinen ihre Energie an diesem Mittwochabend auf GAAHLS WYRD und MAYHEM aufzusparen und trinken während des GOST-Auftritts erstmal gepflegt ihr Feierabendbier. Ein distanziert-kühler Auftakt – läuft.

GAAHLS WYRD

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GAAHLS WYRD

Dass Gaahl eine aussergewöhnliche Persönlichkeit ist, hat keinerlei Neuigkeitswert. YouTube kolportiert selbstverständlich fleissig seine Unnahbarkeit. Nur gut ist die Wartezeit nach GOST radikal kurz – das Drumkit von Spektr steht bereits vor Hellhammers Riesenkit bereit und so betreten GAAHLS WYRD schon bald die Bühne. Hier müssen die Norweger deutlich enger zusammenrücken als am INFERNO FESTIVAL, doch Gaahls Charisma tut dies keinen Abbruch. Gewandt und routiniert spielen sich GAAHLS WYRD durch ihr eigenes Material und berücksichtigen hierbei vor allem ihr diesjähriges starkes Album „Ghosts Invited“.

TRELLDOM, GORGORTH und GOD SEED gehören mit dazu

Dass die Band GAAHLS WYRD heisst und eben nicht nur WYRD, wird frühestens beim Song „Carving a Giant“ offensichtlich. GAAHLS WYRD nehmen – wie schon am INFERNO FESTIVAL – auch Songs aus der GORGOROTH-, TRELLDOM– und GOD SEED-Diskographie in ihre Setliste auf. Die schwarzmetallische Abwechslung begeistert das Publikum und die erste Reihe strotzt vor passionierten Fans, die hier von der ersten bis zur letzten Minute auf ihre Kosten kommen. Spektrs Drumming ist präzise und harmoniert mit Elds Basslines, während Lust Kilman gitarrenmäßig die richtigen Riffbretter liefert. 

Von Publikumsnähe und Unnahbarkeit

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GAAHLS WYRD

Die Passagen, in welchen Gaahl die tiefen Tongegenden seiner Stimme offenbart, gehen durch Mark und Bein und ziehen das Publikum in ihren Bann. GAAHLS WYRD profitieren ausserdem von einem richtig guten Sound an diesem Abend und überzeugen mit einem wirklich starken Auftritt. Am Ende des Gigs steigt Gaahl in den Fotograben und bedankt sich bei den Fans – einzeln, mit Händedruck, mit klaren Worten. Persönlich. Echt. Junge Fans, die extra an diesem Abend ihr Corpsepaint montiert haben, sind hin und weg. Schwärmen von einer wirklich „berührenden Begegnung“, bevor sie sich selber korrigieren, weil „berührend“ so scheinbar deplatziert klingt im Zusammenhang mit Black Metal. Aber eben nur scheinbar, denn Gaahl ist echt. Wie Black Metal eben auch.

Setliste GAAHLS WYRD

Ghosts Invited

Carving a Giant (GORGOROTH-Cover)

Slave til en kommende natt (TRELLDOM-Cover)

Ek Erilar

Carving the Voices

Høyt upp i dypet (TRELLDOM-Cover)

From the Spear

(Sannhet)

Allt liv (GOD SEED-Cover)

Through Past and Past

Exit – Through Carved Stones (GORGOROTH-Cover)

MAYHEM

MAYHEM können sich auf dieser Tour über zahlreiche restlos ausverkaufte Konzerte freuen. Dass sie die Hall of Fame an einem Mittwochabend im November so vollkriegen, ist definitiv eine Leistung. Noch dazu ist die norwegische Legende an diesem Abend nicht mit einer „De Mysteriis Dom. Sathanas“-Jubiläumstour unterwegs, sondern hat ein neues, fulminantes Album („Daemon“) im Gepäck, das im Black Metal-Genre vielerorts den Titel „Album des Jahres“ abstauben dürfte. Auf das ganz grosse Brimborium bezüglich Bühnenaufbau verzichten MAYHEM an diesem Abend. Es ist nicht Ostern in Oslo und saftend-kleckernde Schweinereien aus dem Schlachthof gibt es dieses Mal ebenfalls keine.

Der „Daemon“ als Jungbrunnen

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MAYHEM

MAYHEM beginnen ihr Set dann auch mit „Falsified and Hated“ von ihrem aktuellen Album „Daemon“. Das Publikum kennt das neueste Werk der norwegischen Black Metaller offensichtlich, die Matten werden gepflegt geschüttelt, einen Moshpit gibt es natürlich nicht – no mosh, no core, no trends, no fun. Steht schließlich auch auf mindestens einem Shirt hinten drauf, das am Merchandise-Stand verkauft wird. MAYHEM geben sich von der ersten Minute an energiegeladen, vom Älterwerden keine Spur. Necrobutcher geht förmlich auf in seinen Basslines, ist unglaublich präsent und der Groove zusammen mit Hellhammer stimmt perfekt. Hellhammer verschanzt sich hinter seinem Drumkit, das an einen Käfig erinnert – eine durchlässige Wand aus Blech und Trommeln. 

Kein Gig ohne Freezing Moon

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MAYHEM

Nur auf ihre neuen Songs verlassen MAYHEM sich indes nicht. Attila hat sich in sein „Daemon“-Kostüm geworfen (komplett mit dezenten Hörnern auf der Stirn) und beschwört den „Freezing Moon“ herauf – das Publikum flippt aus. Trotzdem – kein Moshpit, soviel Disziplin muss eben schon sein bei einem MAYHEM-Konzert. Attila und Necrobutcher bilden immer wieder das Zentrum, eingerahmt von Ghul und Teloch, die sämtliche MAYHEM-Riffs stilecht aus ihren Gitarren locken. Tight und spielfreudig sind MAYHEM an diesem Abend, Attila kredenzt seine Satansatmosphäre mittels weniger, gut eingesetzer Requisiten und soundtechnisch ist bei den Norwegern an diesem Abend ebenfalls alles dort, wo es sein muss. Das „Silvesteranfang“-Intro hat auch nach Jahrzehnten noch immer seinen Gänsehaut-Charme und „Deathcrush“ und „Chainsaw Gutsfuck“ bringen MAYHEM derart leidenschaftlich rüber, dass man sich kurz in einem besetzten Punk-Haus an einem Underground-Gig wähnt. „Ancient Skin“ mögen MAYHEM singen – aber altern tun diese Dämonen schon lange nicht mehr. Klasse Gig!

Setliste MAYHEM

Falsified and Hated

To Daimonion

My Death

Malum

Bad Blood

Symbols of Bloodswords

A Bloodsword and a Colder Sun, Part II

Invoke the Oath

Freezing Moon

Pagan Fears

Life Eternal

Buried by Time and Dust

Deathcrush

Chainsaw Gutsfuck

Ancient Skin

Carnage

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