MANTAR; 5. Oktober 2019, Ludwigsburg Scala

 

“Es ist Samstagabend, also benehmt euch gefälligst auch wie Samstagabend!”, forderte MANTAR-Sänger/Gitarrist Hanno Klänhardt das doch ein wenig lethargische Ludwigsburger Publikum auf. Seite Worte zeigten Wirkung: Der erste Stagediver kam vorne am Bühnenrand an, und sprang nach kurze Zögern wieder zurück ins Publikum. Drei, viel Kollegen folgten in Laufe des Abends, ein kleinen Moshpit formierte sich – geht doch! Vielleicht lag es an der Location, dass es etwas dauerte, bis das Publikum warm wurde – das Scala ist halt kein Musikclub, sondern eigentlich ein großes Kino aus den 50er Jahren, für Konzerte werden die Sitzreihen rausgenommen. Sehr sauber ist es dort, das Bier wird frisch vom Fass gezapft, die Band bekommt offenbar einen Blumenstrauß in die Garderobe (dazu später mehr) und statt den üblichen Kandelaber mit echten Kerzen stellten MANTAR künstlich flackernde LED-Lichter auf die Boxen. Pervers laut war es aber trotzdem – aber das gehört ja bei MANTAR dazu. Rückblickend ist aber die siffige Sporthalle des Jugendhaus Hallschlag in Stuttgart (dort spielten MANTAR vor gut einem Jahr)  ein passenderer Ort für ein MANTAR-Konzert.

Stimmprobleme? Weder bei Hanno noch bei den Gitarren!

Von Stimmproblemen bei Hanno war übrigens nichts zu hören. Im September berichtete er via facebook von einer Untersuchung eines Spezialisten, der ihm beschied, ein eher ganz schlechter Sänger ohne Talent zu sein – organisch sei mit seinen Stimmbändern alles in Ordnung. Und so rotze er sich durch eine Setlist, die angenehm viele alte Songs enthielt. Das aktuelle Album „The Modern Art Of Setting Ablaze“ ist ja nun auch schon über ein Jahr alt und live spielt es ohnehin keine große Rolle, von welcher Platte die Stücke kommen. Denn MANTAR bändigen seit jeher das Chaos und verbinden Krach und Krawall mit Melodie und Groove. Symbolisch dafür steht Hannos Effektboard – es einzurichten, dürfte Äonen in Anspruch genommen haben, irgendwann nach viel Schweiß und Tränen, war’s dann aber auch perfekt.

MANTAR-Sänger und -Gitarrist Hanno Klänhardt und sein Effektboard und seine drei Amps.

Blickfang ist klar Hanno, der die MANTAR-Songs, lebt, atmet, schwitzt. Das ist ein bisschen ungerecht, denn die andere Hälfte der Band, Drummer Erinç Sakarya, ist ja genauso wichtig – und nur zusammen entfesseln sie einen Feuersturm. Absolut faszinierend ist die wortlose Verständigung der beiden, nur wer die Stücke ganz genau kennt, bemerkt, wenn mal was nicht sitzt. MANTAR kamen aber auch an diesem Abend auf den Punkt, und sie zielen dabei immer genau auf den Solar Plexus, also dahin, wo’s besonders wehtut.

Verstehen sich ohne Worte (auf der Bühne wäre es eh viel zu laut, um zu sprechen): Hanno Klaenhardt und Erinç Sakarya von MANTAR

Die rohe Gewalt, mit der MANTAR zu Werke gehen und weder sich noch das Publikum schonen, ist beeindruckend. Dabei kommt auch die Kommunikation nicht zu kurz, für einen Norddeutschen war Hanno an diesem Abend ja fast schon ein wenig geschwätzig. Die ein oder andere launige Ansage kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es MANTAR ernst meinen, Gepose und gemütliches Rumstehen ist auf der Bühne nicht vorgesehen – das übertrug sich irgendwann auch aufs Publikum und es kam endlich Bewgung und Stimmung auf. MANTAR dankten es, indem sie statt einer Zugabe den nach allen Regeln der Floristen-Kunst aus den 80er-Jahren gebundenen Blumenstrauß mit ordentlich Schwung ins Publikum pfefferten – wo sich beim Balgen um den (Braut)strauß ein Mädchen durchsetzte.

MANTAR-Setlist vom 5.10. 2019 in Ludwigsburg – für das, was auf der Bühne passierte, sieht sie noch ziemlich gut aus!

Fotogalerie: MANTAR

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