Interview mit PLANETARIET

PLANETARIET kommen aus Skellefteå im Norden Schwedens. Mit “Deluxe” bieten PLANETARIET Anfang 2020 instrumentalen Post Rock und widmen sich ganz dem Sternenzelt und dem Himmelsgewölbe. Sphärische Klänge aus dem hohen Norden – Zeit, bei Pontus und Björn nachzufragen, wie die unbekannte Seite PLANETARIETs aussieht.

Erstmal danke für “Deluxe”. Ich bezeichne es jetzt mal als Album, obwohl ihr ja PLANETARIET-Material aus verschiedenen Schaffensperioden darauf vereinigt habt. Wann fiel die Entscheidung, genau diese Lieder auf “Deluxe” zusammenzubringen? 

Pontus H.: Danke für die Interviewmöglichkeit und die positiven Worte zu PLANETARIET!

Wir wurden von Kristoffer von DISCOURAGED RECORDS hier in Umeå kontaktiert, weil er unsere EP “S/T” veröffentlichen wollten. Der Gedanke mit “S/T” war von Beginn an, dass es eine Art “Zwischenveröffentlichung” sein sollte, um die Lücke zwischen unserem Debüt “Rymden” und dessen – noch nicht fertigen – Nachfolger zu sein. Wir hatten drei Lieder, die irgendwie nicht richtig zu unserem ersten Album “Rymden” passten, aber gleichzeitig zu gut waren, um sie wegzuwerfen. Also beschlossen wir, sie in einer Live-Session einzuspielen und das Resultat auf YouTube raufzuladen.

“Deluxe” als Sammlung

Das Feedback auf “S/T” war fantastisch, was unter anderem dazu führte, dass das amerikanische Label FEEDBANDS “S/T” auf Vinyl veröffentlichte. Als uns also Kristoffer fragte, ob wir an einer Veröffentlichung interessiert seien, wollte wir etwas mehr machen als einfach die gleiche EP nochmals rauszugeben in einem anderen Format. Seit der Veröffentlichung von “S/T” hatten wir es geschafft, zwei weitere Lieder zu komponieren, die ebenfalls nicht auf den Nachfolger von “Rymden” sollten. Statt sie auf unserer Harddisk verstauben zu lassen, entschieden wir uns, sie zusammen mit “S/T” zu veröffentlichen – und das wurde “Deluxe”. Somit ist “Deluxe” eine Sammlung von Liedern, die wir eigentlich nicht hatten veröffentlichen wollen – und die über eine Zeitspanne von sieben Jahren geschrieben worden waren. 

Io, der Lieblingsmond

PLANETARIETs musikalisches Thema sind das Universum und die Planeten. Welches ist dein Lieblingsplanet und warum?

Pontus H.: Es ist kein Planet, sondern ein Mond: Io, einer von Jupiters Monden. Und auf eine Art ist Io ein grosser Vulkan. Man glaubt, dass Io so warm und vulkanisch aktiv ist, weil Jupiters Gravitation sie reibt und sie auseinander zieht und zusammendrückt. Das ist wirklich krass und ich hoffe, dass alle, die dieses Interview lesen, sich genauer mit diesem Thema auseinandersetzen (sobald sie das Interview fertig gelesen haben, natürlich). 

Björn S.: Also ich finde die Erde schön, ganz gutes WiFi an den meisten Orten…

Vom Projektnamen zum Songtitel

Interessant! Eure Musik existiert ja ohne Lyrics. Wie bestimmt ihr, welchen Titel eure Songs tragen sollen? Und gab es schon mal ein Lied, für welches ihr gerne Gesang gehabt hättet? 

Björn S.: Die Songtitel eines Albums folgen für gewöhnlich einem Thema. Bei “S/T” waren es verschiedene Teleskope. Die offiziellen Songtitel kommen jeweils erst später dazu, meist im Zusammenhang mit der eigentlichen Veröffentlichung. Während des Schreibprozesses haben die Lieder jeweils mehr oder weniger seriöse Projektnamen (meistens eher weniger seriöse). “Sirius” hiess während der Schreibphase zum Beispiel “Mitt liv som krusews”. Niemand von uns versteht, was dies beinhaltet. Gesang ist etwas, womit wir sehr gerne experimentieren würden, aber bei unseren bisherigen Liedern schien es einfach nicht notwendig.  Es ist aber zu früh, um punkto Gesang Aussagen über die Zukunft bei PLANETARIET zu machen. 

Das Cover von “Deluxe” erinnert an Bilder des Universums. Was genau ist auf dem Cover abgebildet und gibt es eine Verbindung zu einem spezifischen Song auf “Deluxe”?

Pontus H.: Eine Freundin der Band, Amanda-My Ahlström, hat den Umschlag gestaltet. Wir fragten sie, ob sie das Cover für uns gestalten wurde, ohne wirkliche Wunschvorstellung, wie es genau aussehen sollte. Wir vertrauten voll und ganz auf ihr künstlerisches Geschick. Wir finden, dass sie einen tollen Job gemacht hat und genau das Gefühl der Musik visuell damit einfängt. Was es genau bedeutet und was es genau ist – das müsstest du sie fragen. 

Der Song “1873” hat eine Verbindung zu einem Brief der Malerin Anna Nordlander, die wie ihr aus Skellefteå stammt. Was genau hat es mit diesem Brief auf sich und inwiefern ist er relevant für PLANETARIET?

Björn S.: In ihrem Brief schrieb Anna Nordlander, die zu dieser Zeit in Brüssel lebte, an eine Freundin zuhause in Schweden. Was uns an diesem Brief inspirierte, waren die ersten Zeilen “Vilken lång och oförklarlig tystnad från din sida min vän” (“Welch lange und unerklärliche Stille von deiner Seite, meine Freundin”). Wir haben natürlich keine Ahnung, wie Anna sich wirklich gefühlt hat, aber diese Zeilen haben so einen melancholischen Unterton, etwas leicht Einsames, Ängstliches. Wir fühlten, dass wir davon gerne eine Interpretation schaffen würden, in Form eines Liedes. 

PLANETARIET kommen ja aus Skellefteå, ein Ort, der vielen aus südlicheren Regionen nicht bekannt ist. Was mögt ihr am besten an Skellefteå?

Björn S.: Gut an Skellefteå sind das KF Mullberget (ein Musik- und Kulturverein) und das Trästockfestival. Ausserdem dass die Rechtsfahrregel eher eine Empfehlung als ein Gesetz ist und dass es viele Pizzerias gibt. 

Post Rock als exklusives Genre

Post Rock ist ein ziemlich exklusives Genre – welche Band stand bei euch “am Anfang” des Post Rock-Wegs?

Pontus H.: Mein erster Kontakt mit Post Rock war “The Earth is not a cold dead place” von EXPLOSIONS IN THE SKY als ich etwa 15jährig war. Nachdem ich diesen Song gehört hatte, entschied ich mich, Gitarre spielen zu lernen, also kann man sehr wohl sagen, dass EXPLOSIONS IN THE SKY einen grossen Einfluss auf mich hatten. Post Rock ist ein unglaublich weit gefasstes Genre, für mich war es immer schon schwierig, es genau zu definieren. Also lässt man sich von vielen Seiten und Bands inspirieren, wenn man selber Post Rock kreiert. Obwohl ich oft zurückschaue aufs Gitarrenspiel von “The Earth is not a cold dead place” und wünsche, dass ich solche schönen Melodien schreiben könnte, so denke ich, dass ich inzwischen mehr von anderen Musikarten beeinflusst werde. In letzter Zeit orientiere ich mich viel an Klavier-basierter und elektronischer Musik wie zum Beispiel von LUKE HOWARD oder NILS FRAHM. 

Björn S.: Ich weiss nicht mehr, wann genau mein erster Kontakt mit dem Post Rock-Genre stattfand. Aber ich erinnere mich an die EP “Death of Day” von O`BROTHER, das wurde ein Augenöffner für mich. Das Album hat diesen Fuzz Klangwände mit Ambiente und melodiösen Parts. Das hat mich extrem inspiriert und zu Beginn hat es mich beim Schreiben sehr beeinflusst. Heute kommen meine Einflüsse von ganz verschiedenen Seiten – Jazz, Pop und Rock sind da auf jeden Fall dabei. Ich glaube, dass unsere zukünftigen Veröffentlichungen zeigen werden, dass wir solch verschiedene Inspirationsquellen und musikalische Ideale haben über die Jahre hinweg.

Zehn Alben für die Isolation

Welche fünf Scheiben empfehlt ihr, um mit der Selbstisolation wegen Covid19 besser klar zu kommen?

Björn S.: Das wären für mich folgende fünf:

“A laughing death in meatspace” von TROPICAL FUCK STORM

“Z” von KLABBES BANK

“Scary Sounds” von NICK REINHART

“Amputechture” von MARS VOLTA

“Gumboot soup” von KING GIZZARD AND THE LIZARD WIZARD

Pontus H.: Bei mir sind es diese fünf

“Myopia” von AGNES OBEL

“Persona” von RIVAL CONSOLES

“Volume 5” von DUR-DUR BAND

“Nattresan” von HENRIK LINDSTRAND

“From Prince to Ragz” von KANG KAHN

Wie sieht die Zukunft von PLANETARIET aus?

Pontus H.: Hoffentlich positiv! Wie arbeiten seit fünf Jahren am Nachfolger von “Rymden” – seit einem Jahr intensiver als zuvor. Der Fokus ist da, also gehts nicht mehr allzu lange!

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