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THE OTHER: Haunted

THE OTHER waren zu den Hochzeiten des Horror-Punk Anfang/Mitte der 2000er, zu Zeiten des legendären Labels Fiend Force Records, die energetischste Horror-Punk-Band und vor allem mit ihren Szene-Aktivitäten und Live Shows treibender Motor des kleinen Booms, den Horror-Punk zu der Zeit erlebt hat.

Danach, muss ich zugeben, habe ich die Band ein wenig aus den Augen verloren, so dass ich jetzt schon ein wenig Angst vor dem Hören der neuen Platte hatte. Und zunächst auch geschockt wurde: THE OTHER klingen jetzt wie GHOST? Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man den Opener „Mark of the Devil“ des neuen und achten Album „Haunted“ hört. Nicht, dass ich was gegen GHOST hätte, im Gegensatz zu vielen Underground-Puristen kann ich gut gemachtem Hardrock durchaus etwas abgewinnen.

Sind THE OTHER noch Punk?

Bela Lugosi sei Dank bestätigt sich dieser Eindruck beim weiteren Hören des neuen und achten Albums der Kölner nicht durchgängig oder zu mindestens nicht negativ, denn bereits mit dem zweiten Song „We’re all dead“ hält der Horror-Punk wieder Einzug und schmissiges MISFITS-Riffing trifft auf eingängige Melodien, den typischen Wohhoohhooh-Chören und die Welt ist wieder in Ordnung.

Das bleibt auch über weite Strecken des Albums so, wenn auch  in „Dead to you – Dead to me“ die mit dem Opener beschworenen Geister zurückkehren, allerdings in einer Form, die man durchaus als gelungen bezeichnen kann, da diese melodiös-rockige Melancholie der Band wirklich gut zu Gesicht steht. Es treten neue, weniger punkige Facetten in den Vordergrund, die aber durchaus überzeugen können, etwa wie im ebenfalls sehr hardrockigen „To Hell and Back“  oder in „Fading away“, das klingt als würden THE OTHER GHOST covern, die wiederum ROKY ERICKSON covern, was jetzt nicht negativ gemeint ist. Einzig die auf früheren Alben noch spürbaren Metal-Einflüsse sind jetzt nicht mehr vorhanden, aber auch das ist eher positiv zu sehen.

“Haunted” ist ein gelungenes, melancholisches Album

Melancholie ist sicher das Schlüsselwort zu dieser Platte, denn durch viele Songs zieht sich eine leichte Traurigkeit, die mich eher an THE DAMNED als an MISFITS erinnert. Das macht die Songs aber tatsächlich nicht schlechter, im Gegenteil, es tut der Musik wirklich gut.

Überhaupt ist das Album als Ganzes ist wirklich gelungen und die neuen Einflüsse tragen entscheidend dazu bei, das Album so interessant und abwechslungsreich zu halten. Immerhin hat die Band in den sehr engen Grenzen des Horror-Punk-Genres vorher schon sieben Alben veröffentlicht, mal mit mehr Metal-Einflüssen, mal puristischer, so dass eine solche Weiterentwicklung nach all den Jahren unausweichlich und absolut positiv ist. Eigentlich hätte ich THE OTHER das so nicht zugetraut, aber mit diesem Album haben sie einen Weg gefunden, ihre Musik zu verändern, sich teilweise neu zu erfinden und gleichzeitig ihren Ursprüngen treu zu bleiben.   

Und für den Genre-Fan gibt es ja auch genügend reinrassige Horror-Punk-Songs wie „Creepy Crawling“, „Absolution“ oder„1408 & 217“ und nicht zuletzt „Vampire Girl“ –  mindestens ein Song mit Vampir-Bezug pro Album ist ja schließlich Pflicht – oder der für mich beste Song „The Silence After The First Snow“ mit seinem fantastischen Refrain.

Auch die Produktion passt zu dem neuen Ansatz und wirkt etwas zurückgenommen, die Gitarren braten nicht mehr wie auf früheren Werken, sondern klingen dunkler, die Riffs sind anspruchsvoller und auch die Stimme von Rod Usher klingt weniger hektisch und getrieben, sondern eher emotional und klagend, was auch zu den Texten passt, die deutlich düsterer sind als zuletzt. Im Info ist von einer Krise die Rede, die verarbeitet wurde. Tja, man wird halt älter und das Leben fordert seinen Tribut…

Horror-Punk ist Nostalgie

Insgesamt ist „Haunted“ eine gewisse Gesetztheit anzumerken, der Enthusiasmus der frühen Jahre ist einer Könnerschaft und einem Selbstbewusstsein gewichen, das auch berechtigt ist, denn die Kölner legen hier ein starkes und erwachsenes Album vor, das sie als Meister ihres Fachs zeigt, als unbestrittene Herrscher des Horror-Punk, nur eben nicht mehr als Jungspunde.

Und wenn ich mich so selber anschaue, sind auch die Fans erwachsener und älter geworden, so dass sie diese Entwicklung sehr gut mitgehen können und nebenbei die alten Fiendforce Releases noch mal auspacken und nostalgisch werden. Das Genre des modernen Horror-Punk war ja im Kern seiner Entstehung schon nostalgisch und daher ist es nur folgerichtig, dass auch die ehemals neuen Helden des Horror-Punk mittlerweile selber zur Nostalgie taugen. Aber das tun sie mit Klasse und Qualität. Punk is (still) undead!!

Release Date: 12.06.2020

Label: Drakkar Entertainment

THE OTHER: Haunted Tracklist

01. Mark of the Devil
02. We´re all Dead (Lyric-Video bei YouTube)
03. Turn it Louder (Audio bei YouTube)
04. Dead to You / Dead to Me (Video bei YouTube)
05. Was uns zerstört
06. On my Skin
07. 1408 & 217
08. Vampire Girl
09. Absolution
10. Fading Away
11. Creepy Crawling
12. To Hell and Back
13. The Silence after the first Snow

Mehr im Netz:
facebook.com/theotherhorrorpunk

theother.de

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