PG.LOST: Oscillate

So kurz und prägnant die Songtitel ausgefallen sind, so präzise und treffend sind sie gewählt. Kein Wunder, denn mit „Oscillate“ erzählen PG.LOST – anders als viele Kollegen – keine zusammenhängende Geschichte, sondern präsentieren acht thematisch in sich kohärente Nummern, die dennoch als Gesamtwerk miteinander harmonieren. Das ist weit weniger aufgesetzt als bei manch anderem Genre-Vertreter und gerade deshalb so erfrischend. Die Schweden waren als Meister des atmosphärischen Songwritings ohnehin schon lange ein Geheimtipp im instrumentalen Post Rock – eine Rolle, der sie nun endgültig entwachsen könnten.

Rund anderthalb Minuten nimmt sich der eröffnende Titeltrack Zeit, um mit flächigen Synthesizern eine klangliches Fundament zu pinseln, bevor ein geradezu hypnotischer Loop in „Stranger Things“-Manier die Spannung immer weiter nach oben schraubt. Die Melodie bohrt sich über mehrere Minuten in unser Gehirn, bis PG.LOST endlich Erlösung versprechen. „Oscillate“ fungiert als Intro und Richtungsweiser zugleich, der den Grundtenor für das komplette Album beschreibt.

Auf “Oscillate” gibt es viel zu entdecken, selbst wenn sich PG.LOST der Tagträumerei hingeben

„E22“ erinnert anfangs an die melodische Seite GHOST BRIGADEs, öffnet dann aber schnell seinen Sound mittels erhebender Keyboard-Gitarren-Arien. Selbst wenn im späteren Verlauf des Stücks die Rhythmusfraktion das Ruder übernimmt, weben PG.LOST im Hintergrund ein dichtes Netz aus Synthesizern und allerlei Gitarreneffekten.

Es gibt also viel zu entdecken, sogar wenn sich die Schweden in „Mindtrip“ der Tagträumerei hingeben und unbeschwert, ja fast sogar naiv vor sich hin musizieren. Dass wir uns überhaupt so bereitwillig einlullen lassen, liegt zu gleichen Teilen am stoischen Bass und den unschuldigen Melodiearrangements, die uns den Himmel auf Erden versprechen. Was blumig klingt, findet seine Entsprechung in der Musik. „Oscillate“ spielt mit unseren Sinnen und Assoziationen: Wenn PG.LOST etwa in „Suffering“ von Leiden sprechen, spüren wir keinen beißenden Schmerz, aber eine gewisse Melancholie. Es nagt die Einsamkeit an der Seele.

PG.LOST sind mehr denn je um die emotionale Komponente ihres Werks bemüht

Hin und wieder scheint Bassist und Keyboarder Kristian Karlssons Engagement bei CULT OF LUNA durch die reichhaltigen Strukturen: Die ausladenden Ambient-Teppiche von „Shelter“ sind denen der schwedischen Post Metal-Größe nicht unähnlich, während das erdige „Eraser“ im Mittelteil an eine instrumentale Post Rock-Interpretation CULT OF LUNAs erinnert, ansonsten allerdings das Tempo anzieht.

Dass PG.LOST dennoch aus etwaigen Parallelen etwas Grundeigenes schaffen, spricht für die vier Musiker, welche 2020 mehr denn je um die emotionale Komponente ihres Werks bemüht sind: „Waves“ ebbt seinem Namen gleich auf und ab, verleiht dabei jedoch der repetitiven Konzeption eine anfangs ungeahnte Tiefe. Diese ist ohnehin bezeichnend für „Oscillate“, das uns bis zum Ende mit neuen Klangfarben überrascht. Bevor „The Headless Man“ in einem zarten bis hoffnungsvollen Finale voller Optimismus endet, umgarnt uns das Stück so warm und unverkrampft wie die alten BARONESS, wenn sie rein instrumental agiert haben.

“Oscillate” ist mehr als die Summe seiner Teile

„Oscillate“ mag kein überspannendes Konzept aufweisen und doch fügen sich alle Komponenten wie von Geisterhand ineinander, als hätten PG.LOST eine Kurzgeschichtensammlung verfasst, die erst in der Gesamtschau ihre Pointe offenbart. Eine Pointe, welche sich allen ausladenden Worten zum Trotz genauso gut kurz, prägnant und nicht minder treffend mit einem Wort zusammenfassen lässt – ergreifend.

Veröffentlichungstermin: 20.11.2020

Spielzeit: 56:34

Line-Up

Mattias Bhat – Guitar
Gustav Almberg – Guitar, Synthesizer
Kristian Karlsson – Bass, Synthesizer
Martin Hjertstedt – Drums

Produziert von PG.LOST und Magnus Lindberg (Mix und Mastering)

Label: Pelagic Records

Homepage: https://pglost.com/
Facebook: https://www.facebook.com/pglost

PG.LOST “Oscillate” Tracklist

1. Oscillate
2. E22 (Audio bei Bandcamp)
3. Mindtrip
4. Shelter (Audio bei YouTube)
5. Suffering (Video bei YouTube)
6. Waves
7. Eraser
8. The Headless Man

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