ovtrenoir-fields-of-fire-album-cover

OVTRENOIR: Fields Of Fire

Es brennt, nicht nur in den Feldern, auch in meinem Herzen. Diese Musik, schwammig mit Post Metal betitelt, hat diesen Blut pumpenden Muskel in der Brust spätestens dann entflammt, als ich zum ersten Mal “Locust Star” von NEUROSIS hörte, da gab es diesen Terminus noch gar nicht. Die beste Zeit hatte das Genre Mitte der 2000er, da war alles neu, aufregend und innovativ. Manchmal wäre ich gerne wieder in dieser Zeit, auch ohne die Vergangenheit zu verklären. OVTRENOIR gelingt es auf ihrem Debütalbum, den Hörer auf eine Zeitreise mitzunehmen, dort hin, als noch alles spannend war. Doch die Band aus Paris um Frontmann William Lacalmontie walzt sich ohne Nostalgie durch eine knappe Dreiviertelstunde im Stil von frühen CULT OF LUNA und späteren BREACH. „Fields Of Fire“ mutet aus heutiger Sicht auf das Genre also beinahe konservativ an, ist aber selbstbewusst genug, um das zur Nebensächlichkeit verkommen zu lassen.

Denn das Songmaterial ist bisweilen extrem stark. Trotz des langsamen Tempos der Stücke kommt die Energie der Band und ungefiltert beim Hörer an, auch die Riffs haben eine gewaltige Durchschlagskraft, was auch an dem herrlich verzerrten Bass liegt. Es ist fast auszuschließen, dass OVTRENOIR live noch brachialer klingen als im Studio, und vielleicht ist es genau das, was die Pariser von den meisten anderen Bands des Post Metal-Genres abhebt: Die Musik klingt organisch, lebt, atmet und kommt mehr aus dem Bauch und Herzen statt aus dem Kopf. Und es ist mehr Dynamik enthalten, als es den ersten Anschein macht: „Keep Afloat“ setzt auf Atmosphäre und auf Flüstern statt Gebrüll, gibt sich aber keinen elektronischen Soundscapes hin. Auch das abschließende „Slumber“ holt auch erst aus, brodelt und schnauft, bevor es gegen Ende ein letztes Mal laut und gewaltig wird.

OVTRENOIR setzen auf brachiale Riffs und gedrosseltes Tempo – „Fields Of Fire“ ist direkt und reißt augenblicklich mit.

Zerstören und wieder aufbauen, das ist Thema von „Fields Of Fire“. Und tatsächlich, schon „Phantom Pain“ mit seinem monolithischen Beginn reißt Mauern ein, und danach türmen sich neue Riffs zu Songkonstrukten auf. „Wires“ mag ein wenig ereignisarm sein, aber das noisige „Echoes“, „Those Scars Are Landmarks“ mit seinem gewaltigen Mittelteil und „I Made My Heart A Field Of Fire“ mit seinem Black Metal-artigen Riffing gen Ende haben allesamt starke Momente parat, die aufhorchen lassen. Wenn OVTRENOIR ihren Weitblick noch etwas ausbauen und mehr Feinheiten einbauen, haben sie vielleicht schon mit dem kommenden Album das Zeug dazu, den schmerzlich vermissten DIRGE ein ebenbürtiger Nachfolger zu werden.

Von DehnSora, der erst vergangene Woche mit der neuen EP “Une balle dans le pied” von seiner verstörenden Band THROANE hat aufhorchen lassen, sind die Hörer normalerweise heftigere Musik gewöhnt, aber das soll nicht täuschen, denn OVTRENOIR spielen ihre Songs wirklich heavy und mit großer Leidenschaft. Anders gesagt: Wer im Diesseits schlechte Taten vollbracht hat, endet im nächsten Leben möglicherweise als Drumkit von Julien Taubegras oder als Stimmbänder von William Lacalmontie. Insofern haben die Fünf aus Paris alles richtig gemacht: „Fields Of Fire“ ist ein intensiver, emotional mitreißender Genrebeitrag.

Wertung: 5,5 von 7 gute, alte Zeiten

VÖ: 23. Oktober 2020

Spielzeit: 41:37

Line-Up:
William Lacalmontie – Guitars, Vocals
DehnSora – Guitars, Backing Vocals, Drones, Theremin
Angéline Seguelas – Bass, Backing Vocals
Julien Taubregeas – Drums
Olivier Dubuc – Guitars (Live Only)

Label: Consouling Sounds

OVTRENOIR „Fields of Fire“ Tracklist

1. Phantom Pain (Official Audio bei Youtube)
2. Wires
3. Echoes
4. Keep Float
5. Those Scars Are Landmarks
6. I Made My Heart A Field of Fire (Official Audio bei Youtube)
7. Slumber

Mehr im Netz:

https://ovtrenoir.bandcamp.com/

https://www.facebook.com/ovtrenoir/

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner