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OH HIROSHIMA: Myriad

OH HIROSHIMA bieten mehr als nur einen Post-Rock-Soundtrack für die Tage im Homeoffice: “Myriad” besitzt genug Tiefgang, um auch nach Tagen noch neue Details zu offenbaren.

Das Schöne am Post Rock ist ja, dass man in der Regel zwar tief in die filigranen, oftmals entrückten Kompositionen eintauchen, aber gleichzeitig auch einen schönen Hintergrund-Soundtrack für die Zeiten im Homeoffice vorfinden kann. Diese beiden Seiten haben OH HIROSHIMA schon immer recht gut ausbalanciert – wie sehr das zum Duo geschrumpfte Projekt dies jedoch perfektioniert hat, merken wir auf „Myriad“ erst nach wiederholtem Hören: Die Art und Weise wie uns der mantra-artig vorgetragene Gesang im Opener „Nour“ einlullt überspielt gekonnt den noisigen Unterbau, der eigentlich alles andere als Gelassenheit versprüht.

Dass wir dennoch die Augen schließen und abschalten können, haben wir den bedachten Arrangements zu verdanken, die dank der auf „Myriad“ prominenten Blechbläser immer wieder warme Akzente setzen können. Es sind Klangfarben zwischen Schwermut und Zuversicht, die OH HIROSHIMA mal distanziert erscheinen lassen, um uns dann doch wieder ganz nah zu kommen. Natürlich sind diese Gegensätze das A und O des Genres, welche sich im Verlauf der knapp 40 Minuten allerdings kaum abnutzen.

“Myriad” besitzt genug Tiefgang, um auch beim zehnten Hördurchgang noch neue Details zu offenbaren

Das Duo verliert sich kaum in ausladenden Kompositionen, sondern hat das Songwriting im Vergleich zu „Oscillate“ (2019) eher etwas gestrafft. Raum zum Atmen und zur Entfaltung gibt es auf „Myriad“ nichtsdestotrotz, wobei oftmals ein ungezwungener Grundtenor das Sagen hat. Als hätten sich OH HIROSHIMA im Zweifelsfall auf ihr Bauchgefühl verlassen, wirkt manche Passage in Teilen improvisiert. Ob das nun den Tatsachen entspricht oder nicht, ist diese Mentalität durchaus positiv aufzufassen, da ausladende Instrumentaleskapaden wie in „Veil Of Certainty“ oder die losgelöste Herangehensweise von „Tundra“ keine Leerläufer sind. „Myriad“ besitzt an jeder Stelle genug Tiefgang, genügend zahlreiche klangliche Ebenen, um auch beim zehnten Hördurchlauf noch ein neues Detail erspähen zu lassen.

„All Things Pass“ findet etwa einen tollen Mittelweg aus Post Rock und Ambient, als hätte man einen modernen Soundtrack für einen Videospiel-Klassiker der 90er Jahre geschrieben – zumindest anfangs, bevor der Song eine Kehrtwendung macht und sich entsprechend vertonten existenziellen Fragestellungen widmet. Mit Bedachtsamkeit und Fingerspitzengefühl schält sich anschließend das introvertierte „Ascension“ hervor, um mit jeder Minute mehr Selbstvertrauen zu gewinnen. Dabei lassen OH HIROSHIMA ihre Ideen durchaus intelligent ineinanderfließen: „Myriad“ besteht aus sieben individuellen Stücken, die aber so gut zusammenpassen, dass wir am Ende des Tages statt einzelner Tracks dann doch meist das gesamte Album am Stück gehört haben.

OH HIROSHIMA bieten mehr als nur einen Soundtrack für die Tage im Homeoffice

Auch das ist eine der großen Stärken des Post Rock: Die Musik scheint regelrecht zu atmen, im Optimalfall sogar ein Eigenleben zu entwickeln. „Humane“ kontrastiert beispielsweise cleane Gitarren mit drohenden Blechbläsern und einem brodelnden, aber distanziert wirkenden Rhythmusfundament, das an die unerbittliche Seite von THE OCEAN erinnert. Das funktioniert in seiner Gesamtheit hervorragend als Soundtrack für die Tage im Homeoffice, lässt uns aber selbst dann oftmals keine Ruhe – zumindest, bis wir schließlich doch bereitwillig und mit voller Aufmerksamkeit in die Soundscapes von „Myriad“ eintauchen.

Veröffentlichungstermin: 4.03.2022

Spielzeit: 35:39

Line-Up

Jakob Hemström – Gitarre, Vocals, Bass
Oskar Nilsson – Drums

Produziert von Kristian Karlsson und Magnus Lindberg (Mix und Mastering)

Label: Napalm Records

Facebook: https://www.facebook.com/ohhiroshima

OH HIROSHIMA “Myriad” Tracklist

01. Nour
02. Veil of Certainty
03. All Things Pass (Video bei YouTube)
04. Ascension (Lyric-Video bei YouTube)
05. Humane (Video bei YouTube)
06. Tundra
07. Hidden Chamber

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